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Hein Benjes : Mein Weg zur Holunderschule

Vor etwa 10 Jahren bin ich im Rahmen von Lehrerfortbildung zur Thematik “Kinder und Natur” auf den Schulhof gestoßen - auf den grauen, platten, harten Schulhof, wo der DIN-genormte Kletterbogen steht, wo es Sand im Kasten, aber keinen Holunder gibt. Und ich wusste als Lehrer und als Gärtner, der ich einmal war, wie schwer solch eine graue Welt auf Kindern lastet und wie schnell das Grau in Grün zu verwandeln ist - Asphalt weg und Büsche pflanzen: HOLUNDERSCHULE!

Die Philosophie der Holunderschule ist so schlicht wie unsere Gestaltung einfach ist : Wir geben den Kindern, was kindgemäß ist : sie brauchen Bewegung, also bewegen wir das Gelände; sie suchen die kleinen Abenteuer - also lassen wir ein bisschen Wildwuchs wachsen und in der “Wilden Ecke” mal einfach was liegen, etwas das sie in die Hand nehmen, be-greifen können.

Und sehen wir es nicht überdeutlich : Kantiger Schulhof - grantige Kinder! Und dass diese “Grantigkeit”, dass Langeweile, Nullbock und Aggressivität wie weggeblasen sind, wo das Gelände freundlich, lebendig und liebenswert geworden ist - das spricht sich herum! Und es spricht sich herum, dass in den Projekten der HOLUNDERSCHULE mit einfachen Mitteln und geringen Kosten das Gelände gestaltet und das gesamte Schulleben in Richtung Lebensfreude bewegt werden kann.


Vision Holunderschule

Ganz ohne Visionen geht es nicht. Seht ihr die Kleinen? Sie suchen ihren Weg. Der Weg in die Welt hat immer im Dunkeln gelegen. Nun haben wir ihn grell beleuchtet. Die Kleinen kneifen die Augen zu. Sie wollen nicht sehen, sie wollen suchen. Das Spiel heißt Blindekuh! Haben die Großen das vergessen? Das Spiel! Und wenn im Spiel der Kleinen die Visionen lägen? Die Sonntagskinder unserer Träume.....

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Ein Traumbild hat mich wach gemacht. Ich war im Auf und Ab des Grundschul-Lehrerlebens ein bisschen matt und müde geworden. Da sehe ich im Traum die große Welt, die große, weite Welt, bewegt und buchtig wie ein gelapptes Riesenblatt. Und mitten darin ein kleines Feld mit geraden Kanten, ein Kasten für Kinder. Nun spielt mal schön! Sie spielen nicht, sie zappeln herum und prügeln sich und stoßen sich die Köpfe am kantigen Rand.
Muss denn das Stück in der Mitte der Welt ein Kasten sein? Mit dieser Frage bin ich aufgewacht. Die Antwort kann ich mit Händen greifen: Ich setze in die Mitte der Welt ein Stück der Welt - einen kleinen Busch. Ich pflanze für die Kinder einen Holunderbusch! Und mit diesem Busch beginnt das Spiel, und dieses Spiel macht Schule : HOLUNDERSCHULE.

Holunderschule! Ich gebe den Kindern ein kleines Stück Welt und trete als Lehrer einen Schritt zurück. Sie sind mit sich und der Welt allein und - spielen! Sie spielen mit Händen und Füßen, mit Stöcken und Steinen, mit Lena und Jan, mit Wörtern und mit Wolken: sie spielen mit ihrer Eigenart, sie spielen mit sich selbst: Lena ist die Königin, sie trägt eine Krone aus Ahornblättern: Jan zieht das Brett über die Modderkuhle, er ist der Brückenbauer: Ole ist einer, der an die Zukunft denkt, er sammelt Feuerholz für den Winter: Lorchen liebt Ordnung, sie fegt mit einem Zweig die Erde blank...
Ich schaue ihnen zu und sehe auf einmal den Schlüssel blitzen: Hier können sie werden, was sie sind, hier können sie spielen, was sie sind und wie sie spielen, so werden sie!

Sollte das der Schlüssel sein? Im Spiel mit Stöcken und Steinen und Modderhänden, zwischen Huckeln und Kuhlen und Butzen im Gebüsch erschließt sich den Kindern das uralte Zauberreich, wo die Welt sie einfach in die Arme nimmt - so, wie sie sind von den Zehen bis zur Nasenspitze, mit all ihren Träumen, Wünschen, Fragen, mit all ihrem Witz und ihrer Trotteligkeit - sie einfach in die Arme nimmt! Sollte das die Schule sein?
Ich habe den Schlüssel aufgenommen und weitergegeben, und was sich dann erschlossen hat, ist wirklich eine Schule geworden - HOLUNDERSCHULE!

Diese Schule hat kein Haus und keinen Stundenplan, sie hat den Grashüpfer als Zeichen und muntere Menschen, die mal hier, mal da sich auf die grauen Platten wagen und wissen und sagen, dass noch etwas bewegt werden kann in der kantigen Welt der Kinder: Die unter Bodendeckern erstarrte Rabatte, der DIN-genormte Kletterbogen, der Bauamtsleiter, der Hausmeister und der hässliche Haufen der grellen Bedenken und Vorurteile.

Die Bewegung geht mit erfrischenden Wellen über Asphalt und Teppichrasen, über Aufsichtsangst und Unterrichtsplan bis in die dunkelsten Nischen der Bildungswelt - und kommt zurück mit einem Schwall von Lern- und Lebensfreude!
Aus der Vision ist Wirklichkeit geworden.

Anmerkungen zum Konzept der Holunderschule

Dieses Konzept der Holunderschule ist begründet in Beobachtungen, Erfahrungen und Erkenntnissen von Pädagogen, Biologen und Spielraumplanern, die das Maß “lebensfroh und kindgerecht” an die engere Umwelt von Kindern und Jugendlichen legen.

Lebensfroh und kindgerecht - das Maß sind die Kinder!
Um zu ihnen zu finden, zu ihren Bedürfnissen und Urbedürfnissen, zur Vielfalt ihrer Eigenarten und Fähigkeiten und dann zu einer Spielraumgestaltung, die dieser Vielfalt angemessen ist, müssen wir nicht den Umweg über Forschungsergebnisse der Wissenschaften machen - wir von der Holunderschule wählen den direkten Weg: Wir sehen uns die Kinder an, wir beobachten sie. Wie bewegen sie sich? Wie spielen sie?
Wir sehen ihnen auf die Finger und - lernen!

Klein ist groß : Ein Stock in der Hand - und ich bin König!
Ein Buchenblatt auf der Pfütze - ist mein Schiff auf dem Ozean.

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Komm, spiel mit! Hier, da hast du auch ein Blatt! Zu zweit, zu dritt schaukelt die Freude sich hoch... Max mit seinem großen ferngelenkten Dampfer, 4 Batterien, geht einen Schritt zurück, wenn die andern kommen.... Da sind wir schon mitten drin in der Sozialpädagogik: Vom Zurückgehen haben wir mehr als genug in Kindergarten, Schule und anderswo: Den fass ich nicht an! Neben dem will ich nicht sitzen! ....

Selber machen! Sie ziehen ein Brett über den Graben - und haben eine Brücke! Eine Ingenieursleistung! Wir können Brücken auch kaufen, sogar Wackelbrücken in der DIN-gerechten Kataloglandschaft, schon ab zehntausend Euro. Aber: Das Brett ist größer, selbstgemacht!

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Etwas begreifen: Mit den Händen geht das Lernen los, erst das Begreifen, dann der Begriff! Nur: Da liegt gar nichts herum zum Be-greifen - auf dem Rasen, auf dem Spielplatz, auf dem Schulhof, alles glatt und sauber. Wegen der Füße, Schuhe sauber, Schule gut.

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Nicht gut! Holunderschul-Regel Nr. 1: Es muss etwas herum liegen (dürfen!), und nicht zu knapp: Bretter, Latten, Klötze, Steine, Blätter und ein großer Haufen Reisig, in der “Wilden Ecke” (Burg, Ruine....), wo es die Nachbarn und den Hausmeister nicht stört.

Ordnung: Seht euch mal an, wie die Kleinen ihre Stube unter dem Holunder in Ordnung bringen, Blätter wegfegen, “Feuerholz” stapeln, “den Tisch decken”!
Ordnung, ein menschliches Urbedürfnis. Wie aber sollen Kinder und Heranwachsende dieses Bedürfnis nach Ordnung befriedigen auf einem Gelände, das von hinten bis vorn in Ordnung ist?! Da gibt es für die, die etwas “machen” und nicht nur herumstehen wollen, nur noch eins: kaputt machen!

Verändern - hat mit Kaputtmachen nichts zu tun!
Im Verändern entladen sich Lebensfreude und Gestaltungsdrang, hier wird im Spiel das Lernen geboren: Aus einem Brett wird eine Brücke, eine Wippe, ein Tisch, eine Rampe; und ein Hügel wird zum Mitspieler und Lehrmeister erst dann, wenn er sich bewegen, verändern darf!

Verstecken: Auch ein Urbedürfnis.”....sich irgendwo ein Nest bauen, in dem man sich verstecken kann..., das ist vielleicht eine der stärksten Eigentümlichkeiten des Kindes” (Luigi Santucci, su.). Ein Spiel- oder Pausengelände ohne Schleichwege, Nischen und Höhlen macht Kindern eher Angst als Freude.

Räume schaffen: Ein offener, platter Spiel- oder Pausenplatz ist nicht groß, sondern leer. Leer ist langweilig. Da treibt es kleine und auch größere Leute (natürlich!) in die äußersten Winkel und Kanten, hinter die Mauer, in die Rabatten - man sucht und braucht sein Plätzchen, ist auf der Platte unsicher, orientierungslos.
Also bringen wir Räume, Strukturen ins Gelände, und das Zaubermittel heißt: Gebüsch! Büsche, die das Gelände in Spielräume unterteilen, das “Grüne Klassenzimmer”, Höhlen, Nischen, Schleichwege schaffen, Windschutz und Schatten geben, den Zaun verdecken, das Grau in Grün verwandeln.

Gebüsch: Bäume kennen wir, aber das Gebüsch ist uns weitgehend aus dem Blick geraten, das Gebüsch aus heimischen Sträuchern: Holunder, Hainbuche, Haselnuss, Ohrweide, Hartriegel, Schlehe, Weißdorn, Feldahorn, Heckenrose, Traubenkirsche .... statt Schneebeere, Cotoneaster, Mahonien .... Diese Exoten sind auch schön - besonders dort, wo sie zu Hause sind : in Kanada, am Mittelmeer .... Dort auch haben sie die begleitende Fauna, der Holunder hat sie hier! Hier finden wir Blattläuse und Marienkäfer, die von den Blattläusen leben. Jeder heimische Strauch hat mindestens zwanzig Tierarten, die zu ihm gehören, der Holunder hat mehr als hundert!

Unterricht! Unsere heimischen Sträucher (und Bäume) sind Spiel und Unterricht von der Wurzel bis zur Blüte; sie sind ja über die Jahrhunderte in unsere Kultur gewachsen - mit Märchen, Mythen, Liedern, Gedichten, mit Ahornkrone und Weidenflöte.

Zerstörung? Schönes wird nicht gern hässlich gemacht, eine begrünte Fassade nicht zur Graffitiwand. Und eine Spiellandschaft mit Berg, Kuhle, Graben, Kletterästen, Baumstümpfen, Steinen und Gebüsch kann verändert, aber nicht zerstört werden.

Sicherheit! Je wilder das Gelände, desto weniger Unfälle! Das belegt die Statistik des Gemeinde-Unfallversicherungsverbandes “GUV”. Eine Brombeerranke streift einmal mein Gesicht, dann weiß ich Bescheid! Ich ziehe den Kopf ein oder hebe den Fuß - eine Lektion im Wahrnehmen, Aufpassen, die auf bewegt strukturiertem Gelände zur täglichen, zur permannenten Übung wird Was Eltern, Lehrer und Erzieher im Umgang mit Kindern und Jugendlichen dankbar zur Kenntnis nehmen.

Kreativität! In einer naturnah bewegten Umwelt begegne ich nicht nur dem Busch, der Pfütze, der Schnecke, dem Kieselstein - ich begegne auch mir selbst, meinen Anlagen, meinen Neigungen, meiner Neugier, meinem Können; ich “kann die Topographie (meines) eigenen Landes bis in die geheimsten Winkel entdecken” (Santucci), kann mit Stöcken, Steinen, Blättern und Sand zum Könner, zum Künstler werden.

Gewalt: “Die Aggressivität unserer Schüler tendiert gegen Null!” sagt Egon Brandt, Rektor der Grundschule in Himmelpforten - nach der Umgestaltung. “Hebt ji gor keene Kinner mehr?” ruft Nachbars Oma über den Zaun der Leiterin des Bassumer Kindergartens zu. Sie hatte sich des öfteren über den Lärm der Kinder beschwert, nun hört sie die Kleinen gar nicht mehr - nach der Umgestaltung.

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Luigi Santucci: “Das Kind, sein Mythos und sein Märchen”
Schroedel-Verlag, Hannover l964

Müller/Benjes/Dienert: “Wo die Büsche tanzen wollen / Wie Sträucher und Bäume vom Schulhof und Kindergarten in Spiel und Unterricht wachsen”
Selbstverlag : Heinrich Benjes, Auf dem Brande 13, Hellwege
Tel.: 04264-370 356 / Fax: - 370 357

Buch : Was alles unsere Sträucher und Bäume den Kindern, Lehrern und Erziehern zu geben und zu erzählen haben, ist in einem Buch aus der Holunderschule zusammengefasst:
“Wo die Büsche tanzen wollen...” (s.u.)


Was hat ein Grashüpfer mit Erziehung zu tun?

Lebensfrohe Gestaltung von Spielplätzen, Kindergärten und Schulhöfen

Er zeigt uns, wo es lang geht. Er kennt ihn noch, den Weg zu den Kindern - der Grashüpfer! Der Weg geht so, wie ein Grashüpfer hüpft.

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Und so natürlich, wie Grashüpfer und kleine Menschen sich bewegen, gehen wir, die Leute von der Holunderschule, den kantigen Schulhof an: mit Schwung!

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Dieser Schwung ist Ausdruck von Lebensfreude; und so nehmen wir ihn mit auf das Schulgelände und machen ihn zur

0 ersten und einfachsten Gestaltungsregel:

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Kantiger Schulhof, grantige Kinder!
Jeder Eindruck will Ausdruck werden.


Sie sind lebendig, unsere Kinder, lebendig wie ein Grashüpfer, und sie stehen auf kantigen, platten, toten Schulhöfen herum oder zwischen “Geräten”, die nach dem Maß der Großen für die Kleinen in den Sand gesetzt sind. Ein Maß, das Grashüpfer und Kinder nicht begreifen können.

Begreifen können sie ein Büschel Gras, einen Kieselstein, ein Schneckenhaus, eine Krone aus Ahornblättern. Jeder weiß, dass mit dem Begreifen das Lernen beginnt. Wir sehen uns um auf dem Schul- und Spielgelände und - da gibt es so gut wie nichts zu begreifen: kein Blatt, keinen Stock, keinen Kieselstein. Da steht der DIN-genormte Kletterbogen. Kleine Hände berühren ihn, er rührt sich nicht. Er antwortet nicht. Kleine Hände sind tausend tastende Fragen!

0 Gestaltungsregel Nummer zwei:

Es muss etwas herum liegen, herum liegen dürfen! Oder einfach so da sein wie ein Grashalm, eine Pfütze, eine Pusteblume. Und hier wird das Gestalten zur Schwerarbeit - für die Großen, nicht für die Kleinen! Wo die Kleinen im Gras ein Zwergenhaus und in der Pfütze eine Schatzinsel finden, da sehen wir Großen den hässlichen Haufen der Probleme: Grünamt, Aufsicht, Hausmeister, Unfallversicherung.....
Diesen hässlichen Haufen jedoch kann man verstecken und schließlich ganz verschwinden lassen - hinter Büschen!

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0 Gestaltungsregel Nummer drei:

Wir pflanzen Gebüsch. Mit Haselnuss, Hainbuche, Feldahorn, Schlehe, Weißdorn, Heckenrose, Holunder ....., mit diesen zauberhaften Sträuchern bringen wir Farbe und Struktur in das platte Gelände; Blüten, Beeren, Schmetterlinge; Schleichwege, Butzen, Kletteräste und - Kinder, die lachen, wo sie früher geschrieen haben.

Und wenn Lehrer, Erzieher und die Leute vom Amt erfahren, wie mit dem Gebüsch Lebendigkeit und Lebensfreude von den Butzen bis in den Unterrricht springen, dann erkennen und wissen sie recht bald, dass die Wildnis hinter dem Holunder zu den Kindern gehört wie ein bisschen Wildwuchs davor zum Grashüpfer.

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Heinrich Benjes
Auf dem Brande 13 27367 Hellwege
Tel.04264-370 356 Fax 04264-370 357
Holunderschule Heinrich Benjes

Hellwege

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